Worum geht's?
Ein Schriftsteller namens David Wagner reist nach Istanbul, um ein Buch über den Boom türkischer Einkaufszentren zu schreiben. Er besucht einige Malls und macht sich Notizen, doch zunehmend lässt er sich allzu gern davon ablenken:
Es sind die Treffen und Gespräche mit Verkin, einer charismatischen türkisch-armenischen Frau, die sehr interessant und faszinierend sind.
Staunend folgt man beim Lesen den akribischen Beschreibungen von Verkins feudalem Anwesen über dem Bosporus, ihrer teuren Kleidung, ihrer bohemienhaften Freunde, ihres Hauses mit Hausangestellten und Springbrunnen.
David Wagners neuer Roman „Verkin“ besteht aus mit Fabulierlust geführten Gesprächen, Ausflügen und Reisen. Er führt durch ein ebenso pralles wie mondänes türkisch-armenisches Frauenleben: polyglott und kosmopolitisch.
Die schillernde 1946 geborene Verkin ist die Tochter eines türkisch-armenischen Großindustriellen, der in den 50er Jahren den größten Elektrokonzern der Türkei gründete. Sie genießt beste Schulbildung im Ausland, macht früh Geschäfte mit der DDR. Sie erlebt das Jahr 1968 in Paris und bewegt sich in den 70er Jahren in New Yorker Künstlerkreisen. Sie unterstützt die AKP und hält dabei immer die armenische Sache hoch. Schließlich kandidiert sie sogar für Erdogans Partei als Bürgermeisterin. Sie heiratet fünf Mal, bekommt zwei Kinder und führt schließlich erfolgreich das väterliche Großunternehmen.
In den Gesprächen mit Verkin lebt die Türkei mit all ihren Widersprüchen. Selbstverständlich wird der Genozid an den Armeniern samt der nicht ganz so bekannten deutschen Beteiligung daran thematisiert; ebenso seine Folgen bis heute.
Wagner erzählt von Istanbul, wie Wagner es erlebt und wie Verkin ihm davon erzählt. Er schreibt von der Entwicklung einer multikulturellen osmanischen Metropole zur heutigen Megacity. Der Roman sprüht vor einnehmenden Beschreibungen Istanbuls.
Manchmal erschien mir der Roman wie eine moderne Erzählung aus 1001 Nacht, wie ein orientalisches Märchen mit der Prinzessin Verkin, ihren magischen Großmüttern und dem Vater, der jedes lebensgefährliche Abenteuer übersteht. Die Prinzessin ist erwachsen und nimmt Wagner und uns mit auf eine Erinnerungsfahrt. Voller Staunen wurde ich Passagier auf der Lese-Fahrt durch das exeptionelle Leben einer ungewöhnlichen, selbstbewussten und emanzipierten Frau.