Worum geht's?
Luisa ist zwölf, als sie während der letzten Kriegsmonate aus Kiel fliehen muß und mit Mutter und Schwester auf dem Hofgut ihres Schwagers unterkommt. Sie ist eine große Leseratte und liest alles, was sie in die Hände bekommt. Doch die von Krieg und Gewalt geprägte Realität kann auch sie nicht ausblenden. Ihre Familie ist ideologisch gespalten: der Schwager Vinzent schwingt weiterhin Volksreden als SS-Offizier, die Mutter schickt sich in die politische Situation, die Schwester Sibylle lebt aus ihrer Verzweiflung heraus rücksichtslos, gierig und hemmungslos.
Die räumliche Trennung hat schon damit begonnen, dass Luisas Vater in Kiel geblieben ist, wo er ein Marine-Casino führt.
Irgendwann kommt der junge Walter als Melker auf den Hof. Und Luisa verliebt sich in ihn. Trotz ihrer Jugend spürt sie, dass diese Verliebtheit vergeblich ist. Wer Rothmanns letzten Roman „Im Frühling sterben“ gelesen hat, erkennt in Walter den jungen Melker wieder, der Anfang 1945 noch eingezogen wird.
Mit „Der Gott jenes Sommers“ ist Ralf Rothmann wieder einmal ein tolles Stück Literatur gelungen. Er zeichnet seine Figuren mit viel Empathie, gesteht ihnen auch Schwächen zu, um sie in ihrer Ganzheit für den Leser erfahrbar zu machen. Und immer wenn Rothmanns schöne Sprache das Negative zu bannen und zu überwinden scheint, bricht das Grauen wieder in das Leben seiner Protagonisten ein.