Worum geht's?
Ein Kammerstück über Schuld und Rache
Michel will sich für den Tod seines älteren Bruders Joseph rächen. Der Mann, den er dafür verantwortlich macht, war Mitglied der Werksleitung der Zeche Saint-Amé in Liévin-Lens. Ohne geeignete Sicherheitsvorkehrungen wurden die Kumpel in der Nacht vom 27.12.1974 in die Grube geschickt. Alle starben in Folge eines Gasunglücks unter Tage.
Joseph wurde schwer verletzt und stirbt sechsundzwanzig Tage später. Da ist das Leben in dem Städtchen allerdings schon weiter gegangen, weswegen sein Bruder auf der offiziellen Gedenktafel nicht auftaucht und auch in den offiziellen Erinnerungsfeierlichkeiten keine Erwähnung findet. Doch Michel und seine Familie können nicht vergeben. Noch auf dem Sterbebett sagt sein Vater: „Michel, räche uns an der Zeche.“
Das Grubenunglück in Saint-Amé am 27.12.1974 ist verbürgt, und Sorj Chalandon schafft es, den Leser durch seine unglaublich intensive Schreibweise dorthin mitzunehmen. Dieses Buch bedient keines der so oft bemühten Bergbauklischees von der Freundschaft unter den Kumpels oder der zwar harten und körperlichen Arbeit, die der ganzen Familie jedoch Wohlstand beschert. Er schont den Leser wahrlich nicht.
Der Kohlenstaub wird schmeckbar, die kurze Lebenszeit der Kumpels aufgrund von Unfällen oder arbeitsbezogenen Krankheiten wird beschrieben, und gut Leben kann von der Kohle zu dieser Zeit eigentlich auch niemand mehr. Im Jahre 1974 ist die Kohle in ganz Europa bereits ein sinkender Wirtschaftszweig. Und trotzdem sterben weiter dutzende Männer unter Tage. Michel sucht die damals für die Sicherheit der Bergleute verantwortliche Person. Er findet diesen Mann. Dieser mittlerweile gebrechlich, von Krankheiten gezeichnet und von zahlreichen Medikamenten abhängig. Doch Michel hat von seiner Familie den Auftrag bekommen, Rache zu üben. Ob er es tut?